Die eigene Selbständigkeit auch bis ins hohe Alter zu erhalten, ist für viele Menschen ein Anliegen von großer Bedeutsamkeit.

Dabei nimmt ein möglichst langes Verbleiben in der vertrauten Umgebung einen besonderen Stellenwert ein. Der Volksmund drückt es passend aus: „Alt werden ist schön, aber alt sein möchte niemand.“ Das Älterwerden geht untrennbar mit Veränderungen unserer körperlichen und psychischen Leistungsfähigkeit einher. Aber auch hier weist der Volksmund auf eine bedeutsame Erkenntnis hin, in dem er sagt: „Wer rastet, der rostet.“ 

Schätzungen zufolge werden in Deutschland bis zum Jahr 2050 der Anteil der über 60-jährigen auf 40% und der über 80-jährigen auf 10 – 15 % in unserer Gesellschaft ansteigen. Diese Prognose übergibt uns als Gesellschaft eine hohe Verantwortung. Aber jeder einzelne ist hier auch mit seiner Eigenverantwortung für sich selbst gefragt. Wir sind den altersbedingten Veränderungen nicht unbeeinflussbar ausgesetzt. Wir können uns nicht gegen grundsätzliche biologisch Abläufe stellen, aber wir können sie uns zu Nutze machen, indem wir durch unser Verhalten diese Abläufe herauszögern.

Ich möchte in diesem Sinne auf eine Möglichkeit dieses „Herauszögerns“ hinweisen. Alterserscheinungen äußern sich unter anderem durch eine Abnahme der Mobilität.

Gelenke schmerzen, Muskeln bauen sich ab, die motorische Reaktionsfähigkeit verlangsamt sich mit dem zunehmenden Alter. Untersuchungen gehen von einer Skelettmuskelmassenabnahme von 30 bis 50 % zwischen dem 40ten und 80ten Lebensjahr aus. Diese Verringerung der Skelettmuskulatur resultiert aus einer Abnahme der Maximalkraft (die Stärke der Muskulatur an sich) und der Schnellkraft (wie schnell kann ein Muskel angespannt werden). Dabei zeigte sich in verschiedenen Studien, dass die Schnellkraft im Vergleich zur Maximalkraft von dem Alterungsprozess in einem deutlicheren Ausmaß betroffen ist. Es konnte belegt werden, dass von der Abnahme der Schnellkraft, im Vergleich zu den anderen Muskelgruppen, besonders unsere Oberschenkelmuskulatur betroffen ist.

Diese Veränderungen bergen ein deutliches, mit dem Alter zunehmendes Sturzrisiko mit zum Teil weitreichenden Folgen. In den letzten Jahren wurde zunehmend das gesundheitliche Potenzial eines gezielten Krafttrainings im Alter erkannt. Fitnesscenter stellen hier häufig ein sehr gesundheitsorientiertes Angebot. Auch ältere Menschen verfügen noch über eine trainingsbedingte Anpassungsfähigkeit durch Muskelzuwachs und durch eine Steigerung der maximalen Schnellkraft. Die Wirkung eines Krafttrainings im Alter lässt sich multidimensional sehen. Der Nutzen besteht in der Erhaltung der allgemeinen Mobilität. Es beugt einer Gangunsicherheit vor, so können wir uns auch in „wackeligen“ Situationen besser wieder ausbalancieren. In solchen Stolpersituationen ist die Fähigkeit, schnell Kraft zu entwickeln, bedeutsamer, als eine möglichst hohe Maximalkraft. Außerdem erhält bzw. verbessert ein Krafttraining die Ausdauer und erhält so unsere Selbständigkeit und Lebensqualität.

Unser Organismus ist noch bis ins hohe Alter trainierbar. Studien konnten zeigen, dass selbst bei über 90- jährigen Personen nach nur 2 Monate Training der Oberschenkelmuskulatur durch eine Kniestreckübung, die 3 x wöchentlich mit 3 Serien von je 8 Wiederholungen durchgeführt wurde, ein durchschnittlicher Kraftgewinn von 174 % und eine deutliche Muskelmassenzunahme erreichbar ist. Die Gehgeschwindigkeit konnte um 49 % verbessert werden. Auch in der Osteoporoseprävention wird dem Krafttraining durch einen positiven knochenverdichteten Einfluss und ein damit verbundenes reduziertes Frakturrisiko große Bedeutung zugesprochen. Studien konnten belegen, dass sich durch ein zielgerichtetes Krafttraining die Sturzunfälle von selbständig lebenden Personen im Alter von 65 bis 97 Jahren um 15 bis 50 % verringern lassen. 

Diese hier beschriebene Trainierbarkeit bis ins hohe Alter sollte dazu ermutigen, das „Alt sein“ ein Stück weit selber zu bestimmen.

Ganz nach dem Motto: Wer nicht rastet, der nicht rostet. 

 


Auch in der eigenen häuslichen Umgebung lässt sich durch einfache Übungen die Oberschenkelmuskulatur trainieren. 

Übung 1. Aus der sitzenden Position aufstehen und das Gesäß langsam wieder zu Sitzfläche absenken, danach mit erhöhter Geschwindigkeit wieder aufstehen. Die Übung sollte 12 bis 15 Mal wiederholt werden in 3 - 5 Durchgängen. Die Übung kann durch die Erhöhung der Sitzfläche (mit einer gefalteten Decke oder einem festen Kissen) sowie mit der Hinzunahme der Hände, für den Anfang erleichtert werden.

 

Übung 2. Auf dem untersten Treppenabsatz stehend, mit einer Hand am Gelände abstützend, ein Fuß auf den Boden (von der Treppe absteigend) aufsetzen und etwas in der Kniebeuge nachfedern. Den Fuß wieder auf die Stufe neben dem anderen Fuß zurücksetzen und die gleiche Übung mit dem anderen Fuß wiederholen. Je kräftiger mit dem Fuß auf den Boden aufgetreten wird, je effektiver wird die Muskulatur auf Schnelligkeit trainiert. Hierbei sollte jeder Fuß 12 - 15 Mal aufgesetzt werden bei drei Durchgängen.

Jede Übung sollte täglich, langsam und wenn nötig mit Hilfe eines Partners durchgeführt werden. Die oben angegebenen Wiederholungen und Durchgänge sind lediglich Richtwerte, die je nach unterschiedlicher Belastbarkeit nach unten und oben verändert werden können. 

 

Übung 3. So oft es geht, die Treppe benutzen.

 

Übung 4. Nur so viel wie nötig und so wenig wie möglich, die Fahrradunterstützung nutzen.

 


Ich wünsche ihnen viel Spaß und maximalen Erfolg.

Ihr Martin Verhoff